Die Kiev 4A in der Praxis

Nachdem ich im letzen Blogbeitrag die Kiev 4A im Detail vorgestellt habe, möchte ich nun meine Eindrücke beim Fotografieren mit dieser Kamera vorstellen. Meine Exemplar arbeitet präzise und zuverlässig. Auf einige Eigenheiten möchte ich jedoch etwas genauer eingehen. Ihren Charakter verraten mir Kameras schon beim ersten Film, den ich mit ihnen belichte. Und dabei hat sich die Kamera von der besten Seite gezeigt. Sie liegt, trotz des kantigen Designs und ihres Gewichts von knapp über 700 Gramm, angenehm in der Hand.

Film laden und entladen

Film einlegen Kiev 4AUm einen neuen Film zu laden, werden zwei Drehverschlüsse an der Unterseite des Kameragehäuses durch Drehen um 180 Grad gelöst. Danach können Kamerarückwand und -boden in einem Stück entfernt werden. Dies macht das Einlegen eines Films sehr einfach. Sitzt die Lasche des Films an der Aufnahmespule wird die Kamerarückwand aufgesetzt und die beiden Drehverschlüsse werden zuletzt wieder verriegelt. Der Film wird nun für die erste Aufnahme vorbereitet. Dazu wird der Verschluss zweimal gespannt und ausgelöst. Gleichzeitig wird kontrolliert, ob sich der Rückspulknopf beim Spannen mitdreht. Dies garantiert, dass der Film richtig in der Aufnahmespule verankert ist. Jetzt wird der Bildzähler manuell auf Null gestellt. Die Kiev 4A ist nun aufnahmebereit. Die Aufnahmespule sollte nicht verloren werden. Es handelt sich um ein spezielles Modell, dass nur schwer wieder zu beschaffen ist. Deshalb sollte schon beim Kauf einer Kiev 4A unbedingt darauf achten, dass eine Aufnahmespule im Lieferumfang enthalten ist!

Ist der Film belichtet, wird er in die Patrone zurückgepult. Dazu wird der Knopf für die Entriegelung auf dem Kameraboden gedrückt gehalten und der Film zurückspult. Ein leicht knackendes Geräsuch lässt erkennen, dass er sich von der Aufnahmespule gelöst hat. Manchmal steckt er auch fest und der Rückspulknopf lässt sich einfach nicht mehr weiter drehen. Nun kann die Kamerarückwand wieder gelöst und der belichtete Film wieder aus der Kamera genommen werden.

Praktische Erfahungen

Für meinen ersten Streifzug mit meiner Kiev 4A legte ich einen Fomapan 100 ein. Dies bedeutete gleich eine doppelte Premiere: die erste Session mit der Kiev 4A und gleichzeitig der erste Fomapan 100. Mit den Resultaten war ich zufrieden. Die Kamera performte sehr gut, der Bildlook gefällt mir beim ILFORD FP4 Plus besser. Einige Aufnahmen zeige ich in der kleinen Galerie am Ende des Beitrags.
Im Gegensatz zur Kiev 4 fehlt der Kiev 4A der integrierete Belichtungsmesser. Dies macht die Kamera deutlich schlanker und lässt sie leichter wirken. Die Werte für die Belichtung bestimmte ich mit der App «myLightMeterPRO» und meinem iPhone. Die ersten Filme, welche ich unter deutlich wechselnden Lichtbedingungen belichtete, waren bei unterschiedlichsten Verschlusszeiten korrekt belichtet.
Mit der grundlegenden Bedienung kam ich sehr schnell zurecht, obwohl es da einige Eigenheiten gibt, die man kennen muss. Beim Fotografieren hat sich bei mir schnell der folgende Ablauf gefestigt:
  1. Objektivdeckel entfernen
    Die Chance ist gross, dass der Objektivdeckel für die Aufnahme auf der Linse belassen wird. Der Blick durch den Sucher gibt ja immer den Blick aufs zu fotografierende Objekt frei.
  2. Verschluss spannen
    Dies ist dringend vor dem Verstellen der Verschlusszeit empfohlen, damit der Verschlussmechanismus nicht beschädigt wird.
  3. Verschlusszeit und Blende gemäss externer Belichtungsmessung einstellen
    Die Blende muss aus praktischen Gründen vor dem Fokussieren gewählt werden, da sich meist beim Drehen des Blendenrings auch der Ring für die Schärfe dreht.
  4. Distanz einstellen
    Mit Hilfe des Messuchers wird die korrekte Fokussierung eingestellt. Dies kann am Objektiv erfolgen oder mit dem Rädchen auf der Kameraoberseite geschehen. Ich nutzte nur letztere Möglichkeit mit dem integrierten Hebel für das Deblockieren des Objektivs, denn das Objektiv rastet immer bei der Einstellung «Unendlich» ein und kann so gleich beim Fokussieren auf einfachste Weise wieder gelöst werden.

Der Sucher funktioniert einfach und zuverlässig, obschon das eingeblendete Messsucher-Bild eher klein ist. Für mich als Brillenträger ist jedoch die präzise Wahl des Bildausschnittes nicht ganz einfach. Den Schutz, den ich selber gegen das Verkratzen der Brillengläser auf den Sucherring geklebt habe, wurde im Grundlageartikel zur Kiev 4A bereits im Detail beschrieben.

Der «Contax-Griff»

Wenn der Messsucher nicht zu funktionieren scheint und das kleine gelbe Rechteck nicht eingeblendet wird, ist in der Regel ein ganz einfacher Grund die Ursache. Wer die Kamera wie von anderen Modellen her gewohnt hält, verdeckt leicht mit dem Mittelfinger der rechten Hand das vordere Fenster des Messsuchers. Durch ihren mit 9 Zentimetern sehr grossen Abstand liegen Sucher- und Messsucherfenster an den äusseren Rändern der Frontseite der Kamera.

Die Handhabung der Kameratasche erweist sich in der Praxis als etwas umständlich. Die vordere Abdeckung ist mit einer Niete fest mit dem an der Kamera befestigten Teil verbunden. Durch eine Modifizierung lassen sich die Nieten durch einen Druckknopf ersetzen. So beschrieben bei Matt’s Classic Cameras. Die Modifizierung funktioniert für die Kamerataschen der eigentlich baugleichen Kiev 4 und Kiev 4A. Selber hab ich dies noch nicht umgesetzt, werde es aber bei Gelegenheit mal anpacken.
Leider fehlt in der Bodenschraube der Kameratasche ein integriertes Stativgewinde. Bei Nachtaufnahmen mit Stativ bei durchzogenem Wetter erlebte ich dies besonders intensiv. Mit zum Schutz der Kamera montierter Hülle konnte ich das Stativ nicht nutzen. Ohne Hülle spielte dann das russisches Innengewinde von 3/8 Zoll im Kameraboden nicht problemlos mit. Die Nutzung des Stativs erfordert dann als Adapter ein Übergewinde Von 3/8 Zoll auf 1/4 Zoll (bei ars-imago erhältlich). Soll die Kiev 4A wieder in der Kameratasche geschützt werden, passt das Gewinde der Tasche nicht mehr.

Fazit: Das Fotografieren mit der Kiev 4A macht grosse Freude. Mit ihr habe ich als Fotograf eine solide Kamera, die zwar kein Federgewicht ist, aber sehr gut in der Hand liegt.

Galerie

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