HOLGA 120N – gut genug?

Den ersten Blogbeitrag schrieb ich kurz nach dem Kauf meiner HOLGA 120N. Darin schrieb ich über die Grundlagen, die technischen Möglichkeiten (oder Mängel) der HOLGA und präsentierte erste Erfahrungen. In diesem Beitrag schildere ich die nächsten Schritte, nachdem ich den ersten Film belichtet hatte. Welche Erkenntnisse habe ich gewonnen und welche Schlüsse daraus gezogen? Die Reise mit der launischen Plastikkamera geht weiter…

Der erste Film ist belichtet

Die Spannung während dem Entwickeln des ersten Films ist mir noch sehr gut in Erinnerung. Alles geht mir dabei durch den Kopf, was ich in Videos gesehen und im Internet gelesen habe. Habe ich mit dem ILFORD FP4 Plus den richtgen Film gewählt? Bildet das Objektiv wenigstens im Zentrum einigermassen scharf ab? Wo fällt überall Licht ins Kameragehäuse? Fragen über Fragen. Aber genau deshalb habe ich mir die HOLGA 120N ja gekauft! Auf diese Auseinandersetzung will ich mich einlassen.

Zuerst stelle ich einige Bilder vor, welche bei meinem ersten Photowalk mit der HOLGA entstanden sind. Wenn ich die Aufnahmen betrachte, eröffnen sich zwei Handlungsfelder. Erste Überlegungen drehen sich um die Wahl des Filmmaterials. Auch die aufgetretenen Lightleaks müssen analysiert werden. Doch alles der Reihe nach.

Den passenden Film wählen

Bei vollem Sonnenschein erkunde ich bei meinem ersten Walk einen Stadtteil von Winterthur mit der HOLGA 120N. Mit dem eingelegten ILFORD FP4 Plus (ISO 125) führt die einzige Verschlusszeit von 1/100 Sekunde in Kombination mit einer Blende von 8 oder 11 zu guten Ergebnissen. Ein Glücksfall ist, dass an diesem Nachmittag beim Belichten der ersten Filmrolle extrem unterschiedliche Wetterverhältnisse herrschen. Immer mehr Wolken ziehen auf und ermöglichen mir einen guten Vergleich der Bildergebnisse bei Sonnenschein und stark bewölktem Himmel. Für mich wird deutlich, dass ich auch bei hellen Lichtverhältnissen wohl eher einen empfindlicheren Film einlegen werden. Der ILFORD HP5 Plus mit ISO 400 wird es wohl das nächste Mal sein. Der bildet einen guten Dynamikumfang ab und lässt sich zudem bei der Entwicklung zur Not noch um bis zu zwei Blendenstops pushen. Wer sich intensiver mit der Entwicklung des HP5 Plus beschäftigen möchte, findet in diesem Beitrag der Website «Learn Film Photography» vertiefende Informationen.
Bei den nächsten Aufnahmen muss es sich dann zeigen, ob der geringe Kontrast des ILFORD HP5 Plus mit der billigen Plastiklinse der HOLHA 120N nicht zu allzu flauen Bildern führt.

LightLeaks gehören zur HOLGA

Damit man mich richtig versteht: LightLeaks gehören meiner Meinung nach zu einer HOLGA. Ja, sie geben jeder der Kameras einen ganz eigenen Look. Bei meinem Exemplar treten die LightLeaks beim ersten Testfilm nur bei einzelnen Fotos auf. Dann sind sie massiv und beeinflussen ungefähr die halbe Fläche des Negativs so stark, dass die Bildaussage vollständig gestört wird. So muss ich zwingend etwas unternehmen, um weiterhin Freude an der Kamera zu haben.

HOLGA 120N - gewünschter LightLeak

Stösse abkleben

LightLeaks auf jeder Aufnahme wären recht einfach zu analysieren. Wie soll ich jedoch in meinem Fall vorgehen? Erste Überlegungen lassen den Schluss zu, dass eine Stelle der Kamera betroffen sein könnte, welche nur bei extremer Ausrichtung im Verhältnis zum Sonnenstand Wirkung zeigt. Beim nächsten Film werden alle Nähte zwischen Kamera und Rückwand mit schwarzem Tape abgedichtet. Die beiden Metallklammern auf der linken und auf der rechten Kameraseite werden ebenfalls grosszügig überklebt. Zusätzlich decke ich das Rotfenster mit einem Stück Klebband ab. Die Resultate sind ernüchternd. Bei einzelnen Bildern sind erneut die weiter oben geschilderten LightLeaks sichtbar, obschon ich die Kamerarückwand sorgfältig gegen Licht abgedichtet habe. Wo fällt denn wohl in speziellen Situationen noch Licht in die Kamera?

Matte Farbe muss her!

Kann es sein, dass Reflexionen im Innern der Kamera die Ursache sind. Der Kunststoff, aus dem die HOLGAs gefertigt sind, ist nicht vollkommen matt. So entschliesse ich mich, in einem nächsten Schritt das Innere meiner HOLGA 120N und die beiden mitgelieferten Einsätze mit zwei Schichten matter Acrylfarbe zu spritzen. Auch die Kamerarückwand erhält auf der Innenfläche diese Behandlung. Nach dem Einlegen eines weiteren Films dichte ich wiederum die Rückwand, wie schon beim ersten Versuch, sorgfältig ab. Nach der dritten Fototour mit meiner HOLGA 120N bin ich total auf die Bildergebnisse gespannt. Doch oh Schreck – wiederum einzelne Aufnahmen mit den bereits bekannten, massiven Lichtstörungen. Wie bei den bisher belichteten Filmen sind wiederum zwei bis drei der insgesamt zwölf Aufnahmen betroffen und unbrauchbar. Das ist aus meiner Sicht eindeutig zu viel, auch mit einer HOLGA!

HOLGA 120N - Innenraum und Adapter matt gespritzt

Noch mehr Farbe…

So entschliesse ich mich noch zu einer letzten Optimierung. Mit schwarzer Acrylfarbe pinsle ich alle Ritzen auf der Vorderseite der Kamera zweimal gut aus. Darüber erfolgt dann bei meiner weissen HOLGA 120N aus ästhetischen Gründen noch eine weisse Schicht. Ob mit dieser Massnahme nun das Problem mit den massiven LightLeaks gelöst ist? Also erneut einen Film belichten und entwickeln! Und wieder sind sie da, die störenden LightLeaks. Etwas schwächer zwar, aber immer noch so stark, dass drei Aufnahmen absolut unbrauchbar sind.

Holga 120N - abdichten mit Acrylfarbe

Fazit

Aktuell bin ich mit meinem Latein am Ende. Je nach Ausrichtung zur Sonne entstehen sichelförmige Artefakte auf Fotos. Das finde ich stylish! Solche Bilder haben einen eigenen Charme. Doch die zu häufig auftretenden Leaks, welche Bilder total unbrauchbar machen, stören mich massiv. Könnte Licht beim Auslösehebel eintreten? Ist der Verschluss ganz dicht? Ich werde wohl erst mal eine Pause mit der HOLGA 120N einlegen. Wenn ich dann das nächste Mal mit ihr unterwegs bin, suche ich mir die Motive bewusst aus. Die Sonne sollte beim Fotografieren eher im Rücken stehen. Weiter werde ich eher auf Motive setzen, bei denen weniger nach oben in den Himmel fotografiert werden muss.
Die Schwächen der Billigstkamera haben ja gerade den Kaufentscheid ausgelöst. Die müssen sein. Aber die erzielten Resultate befriedigen auch vor diesem Hintergrund nicht. Kann es eventuell auch sein, dass die weisse Version der HOLGA 120N empfindlicher ist als die schwarzen Modelle?
Für Tipps und Ideen bin ich natürlich dankbar. Schreibt sie mir in die Kommentare!

Zum Thema habe ich auch ein Video auf YouTube publiziert!

Link zum Video auf Youtube
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