Horizont Panoramakamera: So beseitigst du Light Leaks!

Einleitung

Ein Traum wird wahr. Auf einem Fotoflohmarkt habe ich für kleines Geld eine Horizont Panoramakamera erstanden! Eine erste Beurteilung vor Ort war äussert zufriedenstellend. Nach dem Kauf wird die Kamera etwas genauer unter die Lupe genommen. Beim Spannen und Auslösen der Kamera läuft wie erwartet alles geschmeidig.

Die Trommel mit dem Objektiv bewegt sich gleichmässig und bei jedem Versuch gefühlt gleich lang. Das sieht schon vielversprechend aus, da die Verschlusszeit bei der Horizont nicht von der Geschwindigkeit der Objektivdrehung abhängt, sondern von der einstellbaren Breite des vertikalen Schlitzes. Eine breitere Öffnung bedeutet mehr Licht pro Umdrehung auf dem Film und somit eine längere Belichtungszeit.

Rein äusserlich betrachtet scheinen auch die Einstellräder für Verschlusszeit und Blende ohne grossen Widerstand zu funktionieren und rasten wie vorgesehen an den markierten Positionen ein. Das Gehäuse benötigt jedoch eine gründliche Reinigung, ebenso wie das Innere. Dies erfordert keinen grossen Zeitaufwand, und bald wird die Kamera bereit sein für ihren ersten Einsatz.

Horizont Panoramic Camera

Der erste Film

Der erste Film ist eingelegt, und ich kann mit dem praktischen Test der Horizont Panoramakamera beginnen. In Winterthur mache ich eine schnelle Runde im Bereich westlich des Bahnhofs. Dort bieten sich im ehemaligen Industriegebiet unterschiedlichste Szenen an, ideal, um die Kamera in verschiedenen Situationen zu testen. Die maximalen 21 Bilder sind schnell aufgenommen. Sofort nach meiner Rückkehr beginne ich mit der Entwicklung des Films mit Kodak HC-110 (1+31). Das Ergebnis kurz zusammengefasst: Die Bildqualität und die Belichtungen sind gut. Allerdings sind die massiven vertikalen Lichtlecks auf beiden Seiten der Negative störend. Bilder, die in schattigen Bereichen aufgenommen wurden, sind fast perfekt. Die beiden Beispielbilder verdeutlichen die starken Unterschiede.

Musterbild aufgenommen im Schatte. Light Leaks kaum zu erkennen.
Musterbild, auf welchem die Light Leaks deutlich zu erkennen sind.

Die Schwachstellen finden

Da die Kamera im Allgemeinen in einen sehr guten Zustand ist, lohnt es sich, nach möglichen Lösungen zu recherchieren. Im Zusammenhang mit der Horizont Panoramakamera ist die Menge an Informationen im Web überschaubar. Was bei der Recherche jedoch schnell auffällt: solche Light Leaks sind immer wieder Thema. Die verwendeten Lichtdichtungen scheinen sich eher schnell zu zersetzen. Doch wie komme ich an die richtigen Stellen, ohne grossen Aufwand bei der Demontage. Die älteste Anleitung, wie so eine Horizont auseinandergenommen und gewartet werden kann, finde ich bei Pierre Kerr. In seinem Beitrag «How-To Dismantle and Repair a HorizonT Russian Camera» aus dem Jahre 2013 beschreibt er ausführlich das Vorgehen bei einem umfassenden Service der Kamera. Diese Anleitung wird später im Beitrag «KMZ Horizont Panoramic Camera Servicing» aufgenommen und mit weiteren Bildern illustriert. Beide Anleitungen sind äusserst hilfreich.

Ich entscheide mich nach dem Lesen der beiden oben erwähnten Beiträge, mich lediglich auf den Ersatz der Lichtdichtungen links und rechts des rotierenden Zylinders mit dem Objektiv zu beschränken, da für diesen Zweck nur die Bodenplaltte der Horizont Panoramakamera demontiert werden muss.

Vergleichswerte schaffen

Beim Auslösen der Kamera dreht sich die Trommel mit dem Objekiv immer in gleicher Geschwindigkeit, ganz egal, welche Verschlusszeit gewählt wird. Die Belichtungszeit wird über die Veränderung der Breite des Schlitzes generiert, durch welchen das Licht auf den Film fällt. Da die Bilder des ersten Testfilms korrekt belichtet sind, erfasse ich vorsorglich die Drehgeschwindigkeit im aktuellen Zustand der Kamera. So kann ich später beurteilen, ob die von mir eingesetzten Dichtungen zu satt sitzen und so die Drehung womöglich bremsen.

Mein Testset habe ich folgendermassen aufgebaut: Auf der Arbeitsplatte liegt die Horizont Panoramakamera und daneben mein Smartphone, auf welchem ich die Stoppuhr laufen lasse. Nun filme ich von oben die Szene und löse die Kamera aus. Im Film kann ich anschliessend die Dauer der Objektivdrehung ablesen. Mehrere Messungen lassen darauf schliessen, dass die Drehung zwischen 27/100 und 32/100 Sekunden dauert. Mit den allfälligen kleinen Fehlern bei der Messung sollte dieser Wert nach dem Ersatz der Lichtdichtungen wiederum etwa bei 30/100 Sekunden liegen.

Das Testset, mit dem die Drehgeschwindigkeit des Objektivs gemessen wurde.

Zugang zu den Lichtdichtungen

Bei der Horizont ist das Lösen der Bodenplatte ein Kinderspiel. Es genügt, die vier Schrauben zu lösen. Danach lässt sich der Kameraboden abheben. Was nun zum Vorschein kommt, wirkt sehr aufgeräumt und übersichtlich. Deutlich zu erkennen im Bild ist der Entriegelungsknopf für das Rückspulen des Films. Zwischen diesem und dem Drehtubus mit Objektiv ist schon die erste Lichtdichtung zu erkennen. Mit einer Pinzette kann ich diesen Streifen einigermassen leicht herausziehen. Das Material hat sich stark zersetzt, wie schon der erste Blick auf den herausgezogenen Streifen verrät.

Die erste Lichtdichtung wird herausgezogen.

Reinigung der Kammer

Die Dichtung, oder was von ihr übrig geblieben ist, ist entfernt. Nun beginnt die eigentliche Arbeit. Bei meiner Horizont Panoramakamera ist diese Dichtung regelrecht zerbröselt. Die Kamera drehe ich zuerst und klopfe die losen Reste aus der Kammer. Dabei helfe ich mit etwas Druckluft nach. Viele Bruchstücke pappen noch an der Wand und werdenvon mir mit Wattestäbchen und Isopropanol in mühsamer Feinarbeit herausgelöst. Um nichts zu zerkratzen, setze ich zur Unterstützung bei der Reinigung hölzerne Zahnstocher ein.

Die Kammer für die Lichtdichtung wird mit Wattestäbchen gereinigt.

Dieser Arbeitsschritt erfordert etwas Geduld, da die unteren Teile der Kammer nicht sichtbar sind. So wird die Reinigung zum Blindflug. Sobald ich den Eindruck habe, dass die Wattestäbchen keine Dichtungsreste mehr lösen, schneide ich die neuen Dichtungsstreifen zu. In der Bastelabteilung des Baumarktes habe ich mir zuvor schwarzen Filz mit Dicken von 4 mm und 2 mm Dicke gekauft. Das dickere Material scheint perfekt zu passen. So messe ich Länge und Breite der alten Dichtung und schneide eine neue Lichtdichtung von 8 x 40 mm zurecht. Damit der Filzstreifen passt, sind noch kleine Korrekturen in der Breite nötig. Dann schiebe ich die neue Dichtung mit Hilfe eines Zahnstochers in die vorgesehene Öffnung. Sie scheint auch ohne Klebstoff gut zu sitzen.

Die erste Kontrolle der Drehgeschwindigkeit des Objektivs kann nun erfolgen. Mit dem bereits weiter oben geschilderten Setting stelle ich fest, dass sich durch meinen Eingriff nichts geändert hat. Die mehrmals gemessenen Zeiten betragen immer etwa 30/100 Sekunden. Dem Ersatz der zweiten Lichtdichtung steht nichts im Wege.

Etwas aufwendiger – die zweite Dichtung

Nach dem Erfolg beim Ersetzen der ersten Dichtung mache ich mich einigermassen beruhigt an die zweite Lichtdichtung. Diese liegt leider nicht so schön frei, wie die erste. In Anleitungen wird meist die Einheit für die Geschwindigkeitsregelung in ihre Einzelteile zerlegt und so demontiert. Wer jedoch nur die Lichtdichtung ersetzen möchte, kommt da schneller voran. Mit den drei im Bild markierten Schrauben, die zum Teil etwas verborgen liegen, kann die gesamte Einheit gelöst und dann abgehoben werden. Dann kommt die zweite Lichtdichtung zum Vorschein, die dann wie die erste ausgetauscht wird.

Die zweite Lichtdichtung wird freigelegt.

Um die Drehgeschwindigkeit der Trommel erneut zu messen, muss das zuvor entfernte Element wieder montiert werden. Dies geht recht einfach, wobei darauf geachtet werden muss, dass die Zahnräder nicht zu satt aneinander gepresst werden. Dies führt bei meiner Kamera bei der ersten Messung zu einer deutlich verlängerten Drehzeit. Danach lockere ich den Sitz nur wenig, und schon läuft alles wieder geschmeidig in der ursprünglich gemessenen Zeit so um 30/100 Sekunden.

Der Kameraboden wird wieder befestigt. Danach reinige ich die Horizont Panoramakanera nochmals gründlich und lege einen zweiten Testfilm ein. Sollten bei den Aufnahmen keine Lichtlecks mehr auftreten, werde ich noch das Kunstleder ankleben, das sich an einigen wenigen Stellen leicht gelöst hat.

Die Stunde der Wahrheit – zweiter Testfilm

Gleich am nächsten Tag zieht es mich bei strahlendem Sonnenschein wieder mit der Horizont Panoramakamera von KMZ nach draussen. Möglichst schnell möchte ich klären, ob die Kamera nun lichtdicht ist. Dabei nutze ich die Chance, möglichst unterschiedliche Lichtsituationen zu finden.

Nach meiner Heimkehr geht es gleich in die Waschküche, wo ich meine Filme entwickle. Nach einer halben Stunde kann ich aufatmen. Die vertikalen Streifen auf beiden Seiten der Negative sind verschwunden. Die Arbeit hat sich also gelohnt. In nächster Zeit werde ich nochmals Filme in die Horizont einlegen und mich dann in erster Linie bewusster mit den Gestaltungsmöglichkeiten dieser wunderbaren Kamera beschäftigen.

Panoramaaufnahme mit der Horizont auf dem Paradeplatz in Zürich
Streetart an einer langgezogenen Fassade in Zürich.
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