Das erste Mal in der Hand – die «Lubitel 2»

Gesamtansicht Lubitel 2Heute nehme ich zum ersten Mal meine «Lubitel 2» mit auf einen Photowalk durch Frauenfeld. Ich bin gespannt, wie sich‘s mit ihr fotografieren lässt. Sie wird häufig als günstiger Einstieg in die Mittelformat-Fotografie genannt. Was die recht günstige TLR-Kamera aus Russland bietet und wie sie sich im Vergleich zu meiner Rolleiflex und meiner Yashica Mat schlägt, wird sich hoffentlich im Verlauf dieses Tages zeigen.

Die Kamera arbeitet mit Verschlusszeiten von 1/15 bis 1/250 Sekunde. Zusätzlich steht der B-Modus zur Verfügung, welcher Langzeitbelichtungen ermöglicht. Blendenöffnungen von 4.5 bis 22 sind möglich. An diesem sonnigen Morgen habe ich einen ILFORD FP4 plus eingelegt und fotografiere mit 1/250 oder 1/125 Sekunde. Die Blende variiert je nach Situation zwischen 8 und 11. Schnell gewöhne ich mich an das Einstellen von Blende und Verschlusszeit am unteren Objektiv. Dort wird dann auch der Verschluss gespannt. Das geht leicht von der Hand. Mit dem Auslösen habe ich dagegen mehr Mühe. Die zwei kleinen Hebel liegen dicht beieinander, wenn der Verschluss gespannt ist. Den unten liegenden Auslöser ziehe ich jeweils mit dem Fingernagel nach unten. Dabei habe ich jedoch den Eindruck, dass ich die Kamera recht stark bewege. Ich werde die Auswirkungen nach der Entwicklung des Films besser beurteilen können.

Der Filmtransport erfolgt über einen Drehknopf an der rechten Kameraseite. Ich werde mich noch daran gewöhnen müssen, dass im Gegensatz zur Rolleiflex und zur Yashica Mat leicht Doppelbelichtungen entstehen können, wenn nicht konzentriert genug gearbeitet wird. Ausgelöst kann auch ohne vorherigen Filmtransport werden. Um dies zu vermeiden, muss ich mir bei der Arbeit mit der Lubitel einen passenden Ablauf angewöhnen. Nach jeder Aufnahme sollte der Film sofort auf die nächste Position gespult werden. Ein kleines Fenster, das leicht mithilfe eines kleinen Drehrades auf der Rückseite der Kamera verschlossen werden kann, zeigt die aktuelle Bildposition auf dem Film an. Der Verschluss wird dann erst vor der nächsten Aufnahme wieder gespannt. Ich kann mir gut  vorstellen, dass ich eine Möglichkeit finde, die Aufnahmen schnell und einfach zu dokumentieren. So hätte ich jederzeit den Überblick, wie viele Aufnahmen bereits gemacht wurden und welche Nummer für das nächste Bild angezeigt werden müsste. Sowieso wäre es im Nachhinein interessant zu wissen, mit welchen Einstellungen die einzelnen Aufnahmen gemacht wurden.

Das Scharfstellen ist bei der Lubitel 2 etwas anspruchsvoller als bei den beiden Modellen Rolleiflex und Yashica Mat. Der Fokus wird durch drehen am Objektiv eingestellt. Dabei entpuppt sich der Schachtsucher als äusserst gewöhnungsbedürftig. Um den gesamten Bildausschnitt zu beurteilen, ist die perfekte Ausrichtung und Distanz des Auges unabdingbar. Bereits kleine Veränderungen führen dazu, dass nur ein angeschnittener, halbmondförmiger Bereich sichtbar ist. Es steht eine kleine Lupe zur Verfügung, die ausgeklappt werden kann. Da sie jedoch recht klein ist, kann die Bildschärfe relativ schwer eingestellt werden. Zur Sicherheit werfe ich beim Belichten meines ersten Films mit der Lubitel 2 immer noch einen Blick auf die Distanzskala am oberen Objektiv.

Nach meinem Photowalk mache ich mich möglichst schnell ans Entwickeln des Filmes. Die Spannung steigt. Wie werden wohl die Resultate sein? Nach gut einer halben Stunde dann die Erleichterung! Die Bilder sind gelungen und die Schärfe stimmt. Bei der Ausrichtung der einzelnen Fotos ist manchmal eine minimale Drehung nach rechts zu erkennen. Ich vermute mal, dass dies mit meinen weiter oben geschilderten Schwierigkeiten mit dem Auslöser zusammenhängt. Das lässt sich unter Kontrolle bringen. Von der Belichtung her scheint die Lubitel 2 zu funktionieren. Ich habe mit meiner Belichtungsapp «myLightMeter Pro» gleich gemessen wie mit meinen anderen beiden TLR-Kameras, der Rolleiflex und der «Yashica Mat». Die Ergebnisse sind perfekt. Was ich bei meinem Spaziergang befürchtet habe, ist jedoch eingetroffen: Es ist eine ungewollte Doppelbelichtung entstanden. Da liegt noch Verbesserungspotential drin. Mit welcher Strategie das gelingt, werde ich in den nächsten Wochen ausprobieren.

Mein Fazit: Die Lubitel 2, die ich gebraucht in einem sehr guten Zustand gekauft habe, macht Spass beim Fotografieren. Obwohl sie in einigen Bereichen etwas gewöhnungsbedürftig ist, werde ich sie regelmässig nutzen.

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