Faszination der analogen Fotografie

Als jemand im Pensionierungsalter habe ich während meiner Kindheit und Jugend die analoge Filmfotografie erlebt. Damals hatte die Fotografie noch einen gewissen Zauber und es gab noch keine Bilderflut wie heute. In meiner Erinnerung hatten die selbst aufgenommenen Bilder damals einen hohen Stellenwert. Die Kamera wurde von meinem Vater bei Ausflügen oder Familienfeiern bewusst mitgenommen, um gezielt einige wenige Aufnahmen zu machen. Sobald der Film voll war, hiess es dann, auf die Bilder zu warten, nachdem der Film in der örtlichen Drogerie oder im Fotogeschäft zur Entwicklung abgegeben worden war.

Seit damals hat sich die Fotografie radikal gewandelt. Zwar gelten immer noch die gleichen Grundregeln für die korrekte Belichtung und die gekonnte Bildgestaltung, aber die Herangehensweise hat sich geändert. Im Laufe der Zeit wurden digitale Kameras immer beliebter und verdrängten ihre analogen Vorgänger, um dann in letzter Zeit selbst, vor allem im Amateurbereich, von immer besser werdenden Smartphone-Kameras unter Druck zu geraten. Ich habe all diese Entwicklungen hautnah miterlebt.

Die Filmfotografie hat jedoch eine besondere Magie, die heute erneut viele Menschen fasziniert und begeistert. Auch mich hat es wieder zu diesem ursprünglichen Feld der Fotografie hingezogen. Die fotografische Arbeit mit digitalen Kameras und Smartphones pflege ich parallel dazu weiterhin intensiv. Die verschiedenen Bereiche erachte ich nicht als Konkurrenz. Sie ergänzen sich bei mir und werden je nach Projekt gezielt eingesetzt.

Im Gegensatz zur digitalen Fotografie hat die Filmfotografie ihre eigenen Herausforderungen und Besonderheiten. Dies macht sie spannend und einzigartig, weshalb es sich lohnen kann, sich auf diese Art der Fotografie einzulassen.

Mit dieser Zeiss Ikon Nettar 515/2 machte ich meine ersten analogen Aufnahme in meiner Kindheit.

Begrenzte Anzahl von Aufnahmen

Ein Film hat nur eine begrenzte Anzahl von Aufnahmen, die gemacht werden können. Sobald der Film voll ist, muss ein neuer Film eingelegt werden. Diese Beschränkung von Aufnahmen pro Film erfordert eine bewusstere Auswahl der Motive, bevor der Auslöser gedrückt wird. So gilt es, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren und nur das aufzunehmen, was wirklich wichtig und speziell ist. Meine eigenen Erfahrungen zeigen, dass damit wirklich mehr Ruhe ins Fotografieren kommt und mein fotografischer Blick intensiver die Szenerie analysiert.

Das Bild zeigt, wie ein Film in eine analoge Kamera eingelegt wird.

Kein sofortiges Feedback

Habe ich die Kamera ausgelöst und das Motiv auf den Film gebannt, kann ich das Ergebnis nicht sofort sehen und keine Anpassungen an den Belichtungseinstellungen für die folgenden Aufnahmen vornehmen. Ich muss warten, bis der Film entwickelt ist, um zu beurteilen, ob das Bild gelungen ist oder nicht. Dies kann zu positiven Überraschungen führen, birgt aber auch ein gewisses Frustpotenzial. Nach meinem Wiedereinstieg in die analoge Fotografie habe ich regelmässig Notizen zu den angewendeten Belichtungseinstellungen gemacht, um später besser zu verstehen, wie die einzelnen Bildergebnisse zustande kamen.

Screenshot der App «Film Shots» für iOS

Charakteristischer Film-Look

Im Gegensatz zu digitalen Kameras kann ich in der analogen Fotografie nicht einfach durch Anpassung der Empfindlichkeitseinstellung auf sich verändernde Lichtverhältnisse reagieren. Stattdessen bestimme ich die Lichtempfindlichkeit durch die Wahl des Films, den ich einlege. Diese Entscheidung beeinflusst nicht nur die Empfindlichkeit, sondern auch die Ästhetik und den Look der entstehenden Bilder, da jeder Filmtyp unterschiedliche Eigenschaften aufweist. Das Ausprägung des Filmkorns, die Wiedergabe von Kontrasten und Farbtönen sind charakteristische Merkmale jedes Films und prägen somit das endgültige Bild.

Belichtung und Scharfstellen

Im Unterschied zu digitalen Kameras verfügen viele analoge Kameras nicht über automatische Hilfsmittel zur Unterstützung bei der korrekten Belichtung und Fokussierung. Daher sind vertiefte Kenntnisse über die sinnvolle Wahl von Blendenöffnung und Belichtungszeit unerlässlich. Bei vollständig manuellen Kameras kann die Bestimmung der korrekten Belichtungswerte mit einem externen Belichtungsmesser oder einer entsprechenden App erfolgen. Bei mir kommt die Smartphone-App «myLightmeter Pro» zum Einsatz, nachdem ich zuvor auch externe Belichtungsmesser getestet (Link zum Video auf YouTube) und verglichen hatte.

Belichtungsmesser Sekonic Twinmate L-208

Das manuelle Fokussieren stellt ebenfalls eine Herausforderung dar, da vor allem frühe analoge Kameras über keine Fokussierhilfen verfügten. In solchen Fällen muss die Entfernung zum Motiv geschätzt werden, um ein scharfes Bild zu erhalten. Dies ist für viele Fotografinnen und Fotografen eine grosse Herausforderung. Spätere Kameramodelle, wie Messsucherkameras und Spiegelreflexkameras, wurden weiterentwickelt, um den Prozess des Fokussierens deutlich zu erleichtern.

Fazit

Die Filmfotografie ist ein faszinierendes und einzigartiges Erlebnis, das sich deutlich von der digitalen Fotografie unterscheidet. Die Besonderheiten, wie der charakteristische Film-Look, das manuelle Einstellen von Belichtung und Fokussierung sowie die Einschränkungen beim sofortigen Feedback, machen sie zu einer besonderen Herausforderung. Wenn man sich jedoch darauf einlässt, kann man einzigartige Ergebnisse erzielen, die mit digitalen Kameras nur schwer nachzubilden sind.

Filmfotografie erfordert Geduld, Sorgfalt und ein vertieftes Verständnis für die Grundlagen der Fotografie. Wer bereit ist, sich diesen Herausforderungen zu stellen, wird belohnt mit Bildern, die einen einzigartigen Charme haben. Wer also Lust auf neue Herausforderungen in der Fotografie hat, sollte sich unbedingt auf die Welt der Filmfotografie einlassen!

Ernemann Film-K Kontaktkopien
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