Olympus PEN FT: Die perfekte Kamera für 72 kreative Aufnahmen im Halbformat

Ausdauer lohnt sich immer wieder. Dies durfte ich am diesjährigen Foto- und Fotobuchflohmarkt in der Photobastei Zürich erleben. Am Stand mit den meisten Kameras hielt ich mich recht lange auf, doch die Kameras standen dicht an dicht und füllten die Tischfläche nahtlos. Da galt es, sich zuerst einmal einen Überblick zu verschaffen und interessante Modelle zu entdecken. Bei mehreren Kameras war nach einer ersten Inspektion schnell klar, dass sie nicht korrekt funktionierten. Bis ich dann die kleine schwarze Olympus Pen FT in der Hand hielt, die ganz aussen an der hinteren Tischkante platziert war! Diese Kamera hatte es mir sofort angetan. Ein erster Check liess vermuten, dass die Kamera voll funktionsfähig war, was mich dann zum Kauf des kleinen Schmuckstückes veranlasste.
Von aussen sieht die Olympus PEN FT wie eine einfache Sucher- oder Messsucher-Kamera aus. In Wirklichkeit handelt es sich um eine handliche Spiegelreflexkamera. Dank einer raffinierten Konstruktion wirkt sie elegant, da ihr der für SLR-Kameras charakteristische Buckel oben auf dem Gehäuse fehlt. Dazu später mehr. Vollständig aus Metall gefertigt, vermittelt sie einen sehr soliden Eindruck, wenn man sie in der Hand hält. Details zur Kamera und erste Erfahrungen in der praktischen Nutzung stelle ich in diesem Beitrag vor.

Kameraauslage am Fotoflohmarkt in der Photobastei Zürich

Historischer Hintergrund

Die kompakte Bauweise ist darauf zurückzuführen, dass es sich bei der Olympus PEN FT um eine Halbformatkamera handelt. Sie reiht sich als späte Variante in eine ganze Reihe von unterschiedlichen Modellen der PEN-Reihe ein, die ab 1959 gebaut wurden. Zuerst handelte es sich noch um relativ einfache Sucherkameras, die von Beginn weg mit erstaunlich guten Objektiven ausgerüstet waren. Von der Ur-PEN ist ein Exemplar der dritten Variante bei mir im praktischen Einsatz. Dieses Kameramodell wurden zwischen 1962 und 1964 gebaut. Die in diesem Beitrag beschriebene Olympus PEN FT war gleich wie die unmittelbare Vorgängerin Olympus PEN F und das Nachfolgemodell PEN FV als SLR-Kamera ausgelegt und ergänzten später das Kameraportfolio von Olympus.

Olympus PEN, Model 3

Fotografieren im Halbformat

Wird mit Halbformat-Kameras fotografiert, passt die doppelte Anzahl Aufnahmen auf einen handelsüblichen Kleinbildfilm. Anstelle eines Bildes im Format 24 x 36 mm (Querformat) wird die gleiche Fläche für 2 Aufnahmen von der Grösse 18 x 24 mm im Hochformat genutzt. Dies dürfte früher wohl ein Grund dafür gewesen sei, sich eine Halbformat-Kamera anzuschaffen. Der Film kann nun viel besser ausgenutzt werden, da insgesamt 72 Aufnahmen im Halbformat auf einen 36er-Film passen. Neben diesem ökonomischen Plus gibt es auch weitere Vorteile der Halbformat-Kamera Olympus PEN FT. Das Halbformat ermöglichte bei der Entwicklung der F-Reihe eine Miniaturisierung der Kamera mit kleinerem Spiegel und kleineren Objektiven. So liegt diese Spiegelreflexkamera (SLR) besser in der Hand als die damalige Konkurrenz. Ohne Probleme verschwindet sie in jeder Jackentasche! Die Olympus PEN FT erfordert ein gewisses Umdenken beim Fotografieren. Hält man die Kamera horizontal in der Hand, werden Bilder im Hochformat aufgenommen. Dies läuft genau gegen die Gewohnheiten von Fotografinnen und Fotografen. Ich bin gespannt, wie sich diese Tatsache auf die gemachten Aufnahmen auswirken wird. Werden es deutlich mehr Hochformataufnahmen sein, als Bilder im Querformat? Eins ist gewiss: Wer Mühe hat, einen Film mit 36 Aufnahmen in nützlicher Frist zu füllen, wird mit Halbformatkameras hoffnungslos überfordert sein. Eine Erkenntnis habe ich bereits mit den ersten belichteten Filmen gewonnen. Es ist vorteilhaft, möglichst feinkörniges Filmmaterial zu verwenden.
Vergleich Kleinbild vs. Halbformat

Merkmale und Bedienelemente

Wie in den bestehenden Kameraportraits in diesem Blog und auf meinem YouTube-Kanal stelle ich jetzt die Merkmale und Bedienelemente der Kamera kurz vor. Bei meinem Exemplar handelt es sich um die schwarze Gehäusevariante.

Die Frontseite

Von vorne betrachtet ist die Olympus PEN FT fast doppelt so breit wie hoch. Dadurch wirkt sie leicht und elegant. Dieser Eindruck wird durch den horizontal ausgerichteten Hebel des Selbstauslösers verstärkt. Damit lassen sich um etwa 10 Sekunden verzögerte Aufnahmen auslösen. Zwei runde Elemente vervollständigen die Frontseite der Kamera. Da ist einerseits das Wechselobjektiv, auf das ich weiter unten noch im Detail eingehe. Daneben ragt das Rad für die Einstellung der Verschlusszeit aus dem Kameragehäuse. Die verfügbaren Verschlusszeiten reichen von 1 Sekunde bis zu 1/500 Sekunde. Zusätzlich steht die Einstellung B (Bulb) für längere Belichtungszeiten zur Verfügung. Das Rändelrad lässt sich leicht herausziehen. Durch Drehen desselben wird dann die Empfindlichkeit des eingelegten Films eingestellt. Dabei sind ISO-Werte von 24 bis 400 möglich. Wer die Kamera ohne Batterie betreibt, hat so mindestens eine Erinnerung, welcher Film mit welcher Empfindlichkeit eingelegt wurde. Der eingestellte ISO-Wert ist in einer kleinen Aussparung zwischen 1 Sekunde und B sichtbar und bildet die Grundlage für die korrekte Belichtungsmessung.
Olympus Pen FT Kamera, Frontansicht

Die Olympus PEN F von oben

Die Oberseite des Kameragehäuses ist mehr oder weniger flach, da durch die kompakte, von Olympus völlig neu entwickelte Konstruktion, der für Spiegelreflexkameras sonst typische Buckel für das Pentaprisma wegfällt. Auf der linken Seite ist die Rückspulkurbel zu erkennen, welche ausgeklappt werden kann. Rechts daneben steht gross die Modellbezeichnung «PEN-FT» und daneben ist die Seriennummer eingeprägt. Gemäss Angaben zu Produktionszahlen und Seriennummern, welche Frank Mechelhoff in einem Beitrag zur Olympus PEN F aufführt, wurde mein Exemplar im Jahre 1969 hergestellt. Elegant fügt sich an der vorderen Kante die rechteckig geformte Auslösetaste ins Gehäuse ein. Darin integriert ist der Anschluss für einen Kabelauslöser. Die von den Ingenieuren gewählt Position für die Auslösetaste scheint mir nicht optimal. Es passierte mir beim Belichten der ersten beiden Filme regelmässig, dass ich die Kamera ungewollt beim Tragen in einer Hand auslöste.
Die Miniaturisierung der Olympus PEN FT hat zur Folge, dass auch das Filmzählwerk etwas schwierig abzulesen ist. Jede vierte Aufnahme wird mit einer Zahl angegeben, jede zweite dazwischen mit einem Punkt. Beim Rest steht der Zeiger auf einer Zwischenposition. Etwas rätselhaft ist das kleine Fensterchen auf der Kameraoberseite. Es handelt sich dabei um ein Element der in der Olympus PEN FT integrierten Belichtungsmessung. Das Licht, das durch diese mit einer Mattscheibe versehenen Öffnung ins Kamerainnere gelangt, beleuchtet die Messskala, die beim Blick durch den Sucher abgelesen werden kann.

Schnörkellose Rückseite

Auf der Rückwand der Kamera sind nur zwei Elemente zu sehen. Da ist einmal der Sucher, durch den man bei horizontaler Kamerahaltung, anders als bei normalen SLR-Kameras, ein Bild im Hochformat sieht. Der Sucher verfügt über einen Rand aus Kunststoff. Zum Gehäuse hin sind auf beiden Seiten Nuten zu erkennen. Hier kann ein optional erhältlicher Zubehörschuh aufgesteckt werden. Dabei muss man sorgfältig vorgehen, da das verwendete Material nicht so widerstandsfähig wie etwa Metall ist. Für Brillenträger wie mich ist der Kunststoff jedoch ein guter Schutz gegen das Zerkratzen des Brillenglases. Rechts oben an der Rückwand ist der Hebel für den Filmtransport eingelassen. Der wurde im Vergleich zum Vorgängermodell Olympus PEN F optimiert. Waren vorher für den Filmtransport zwei Spannbewegungen nötig, funktioniert dies bei der Olympus PEN FT in einem Zug.
Olympus Pen FT Kamera Rueckseite

Keine Überraschungen auf der Bodenplatte

Auf der linken Seite des Gehäusebodens ist das Stativgewinde eingelassen. Auf der anderen Seite liegt in einer Vertiefung der Entriegelungsknopf für das Rückspulen des belichteten Films. Dieser Knopf lässt sich zudem kreativ für Doppelbelichtungen nutzen. Wird er beim Betätigen des Filmtransporthebels gedrückt gehalten, so wird zwar der Verschluss gespannt, die Transportrolle im Kamerainnern dreht sich jedoch nicht. Obwohl die Kamera rein mechanisch funktioniert, verfügt sie im Kameraboden über ein Batteriefach. Der Strom, welche die in früheren Jahren genutzte Quecksilberbatterie (PX-625) mit einer Spannung von 1.35 V lieferte, wurde nur für den Belichtungsmesser benötigt. Es ist etwas schwierig, in der heutigen Zeit einen Ersatz für die nicht mehr zugelassen Quecksilberbatterien zu finden. Eine Überlegung ist es, die Kamera einfach ohne internen Belichtungsmesser zu nutzen und die Belichtung mit einem externen Messgerät zu bestimmen. Dann wird in Kauf genommen, dass der wichtigste Fortschritt im Vergleich zum Vorgängermodell wegfällt. Ich persönlich habe die Olympus PEN FT ohne Batterie im Einsatz und messe die Belichtungszeiten mit der App «myLightMeter Pro» (siehe meine Beiträge hier und hier) auf meinem iPhone.

Der Verschluss

Die Olympus PEN FT mit einem speziellen Rotationsverschluss ausgerüstet, der einzigartig ist. Beim Auslösen ist er deutlich hörbar. Nichts also mit schnell unauffällig ein Foto schiessen. Die Verschlusszeiten werden, wie weiter oben bereits kurz beschrieben, über das Einstellrad auf der Frontseite der Kamera gewählt. Verschlusszeiten von 1 Sekunde bis 1/500 Sekunde sind möglich. Dabei ermöglicht der Rotationsverschluss eine Blitzsynchronisation bei allen Belichtungszeiten (sowohl für die Einstellung M als auch X). Die Blitzbuchse ist in der linken Kameraseite ganz oben montiert. Mit einem kleinen Hebel wird zwischen den Blitzmodi X und M gewählt.
Olympus Pen FT Blitzsynchronbuchse

Das «Pancake»-Objektiv

Die PEN FT konnte ich bis jetzt nur mit dem mitgelieferten Objektiv testen. Da die Modellreihe als ganzes System entwickelt wurde, stehen noch weitere Objektive zur Auswahl. Diese ernten in Beiträgen und Reviews wegen ihrer hohen Qualität eigentlich immer grosses Lob. Eine Übersicht zu den produzierten Objektiven habe ich auf der Olypedia, welche von Reinhard Wagner betrieben wurde, gefunden (PEN F System, archiviert). Aufgeführt sind da Weitwinkel-, Standard-, Tele-, Makro- und Zoomobjektive. Auf meiner Kamera ist das E.Zuiko Auto-S 1:2.8 (Blendenumfang bis 16) mit einer Brennweite von 38 mm montiert. Übertragen auf das Kleinbildformat entspricht dies 55 mm. Es handelt sich um das kompakteste Standardobjektiv aus der Reihe, das auch unter dem Namen «Pancake» bekannt ist. Durch die geringe Bautiefe muss man sich an die Bedienung von Blenden- und Distanzring etwas gewöhnen. Alles liegt dicht beieinander. Auch die Abblendtaste ist nicht ganz intuitiv erreichbar. Mit ihr lässt sich das Objektiv auf den eingestellten Blendenwert abblenden, damit die Schärfentiefe kontrolliert werden kann.
Olympus Pen FT Pancake-Objektiv

Belichtungsmessung

Die Entwickler bei Olympus verpassten der Olympus PEN FT ein integriertes TTL-Belichtungssystem, das bei Offenblende misst. Die Genauigkeit konnte ich nicht testen, da ich auf einen aktuellen Batterieersatz verzichte. Der Belichtungsmesser ist nur mit den Verschlusszeiten gekoppelt. Das bedeutet, dass die im Sucher angezeigten Werte händisch am Blendenring eingestellt werden müssen. Scheinbar wollte Olympus die Einstellung der korrekten Belichtung für Laien vereinfachen. Sie sollten sich nicht mit Blendenwerten herumschlagen müsse, und so entschied man sich für ein sehr spezielles Prinzip. Für die Belichtungsmessung werden am linken Rand des Sucherbildes die Zahlen 0 bis 7 untereinander angezeigt. Der mit der Nadel angezeigte Wert wird dann auf dem Objektiv eingestellt. Für erfahrene Fotografinnen und Fotografen ist diese Art der Blendeneinstellung eher verwirrend. Dieses Problem lässt sich glücklicherweise einfach lösen. Der Blendenring kann nach vorne gezogen werden und um 180 Grad gedreht werden. Die «echten» Blendenwerte, welche sich zuvor an der unteren Seite des Objektivs versteckten, stehen nun in gewohnter Manier oben.
Belichtingsskala Olympus PEN FT

Eine einzigartig konstruierte SLR-Kamera

Mit abgenommenem Objektiv ist der Blick von vorne in die Kamera frei. Deutlich zu erkennen ist der Spiegel im Hochformat. Er ist das erste Element, das von der einzigartigen Konstruktion zur Lichtführung bei den Modellen der Olympus PEN F-Serie zu sehen ist. Hier wird das durchs Objektiv fallende Licht zur Seite gelenkt. Beim Auslösen der Kamera schwenkt der Spiegel zur Seite, und nicht nach oben, wie bei üblichen Spiegelreflexkameras. Weiter ist als Fokussierhilfe die Mattscheibe zu erkennen. Dahinter liegt dann das erste Prisma. Es handelt sich um ein sogenanntes Porro-Prisma, welches das Licht mit nur einer Brechung um 90 Grad nach oben lenkt. Dort trifft es dann auf einen weiteren Spiegel, der das Sucherbild erneut um 90 Grad ablenkt. Da dieser Spiegel etwas Licht für die Belichtungsmessung durchlässt, erscheint das Bild im Sucher der Olympus PEN FT schlussendlich etwas dunkler, als bei den anderen Modellen (PEN F, PEN FV). Über in den Lichtschacht integrierte Linsen und ein letztes Prisma ist der gewählte Bildausschnitt zuletzt im Sucherfenster sichtbar. Schematische Darstellungen zu meinen Ausführungen gibt es in einem abfotografierten Beitrag der Zeitschrift «Camera» (Oktober/November 1967) und in der Bedienungsanleitung (Seite 17) zur Olympus PEN FT.
Olympus PEN FT Spiegel und Mattscheibe

Einen Film einlegen

Um einen Film einzulegen, wird die Kamerarückwand durch vollständiges Herausziehen des Rückspulknopfes entriegelt und geöffnet. Links wird dann die Filmpatrone eingelegt und anschliessend links in der Aufnahmespule sicher verankert. Der Film wird durch die vier horizontal verlaufenden, metallisch glänzenden Stege präzise geführt. Die äusseren beiden halten den Filmstreifen in Position, während die inneren beide Stege die Planlage des Filmmaterials garantieren, sobald bei geschlossener Rückwand die Andruckplatte ihre Wirkung zeigt. Diese ist federnd an der Kamerarückwand befestigt, zusammen mit einer Rolle, welche die Perforation in die Zahnkränze der Transportwalze drückt.

Olympus PEN FT Film einlegen

Fazit

Es ist eine Freude, die kompakte Spiegelreflexkamera Olympus PEN FT mitzunehmen. Design, ausgefeilte Konstruktion und Qualität von Kamera und Objektiv überzeugen mich. Die Kamera liegt gut in der Hand. Die Aufnahmen im Halbformat ermöglichen es mir, extrem viele Bilder mit einem einzigen 36-er Film zu machen. So kann ich etwas mehr experimentieren. Das Halbformat hat schlussendlich nur die halbe Auflösung. Was sich vor allem bei Filmen mit ISO 400 deutlich bemerkbar macht. Das Korn scheint mir deutlicher sichtbar, als beim gewohnten Kleinbildformat. Die Position des Auslösers an der vorderen Kante des Gehäuses hat mich beim ersten Film mehrere Aufnahmen gekostet. Wenn ich die Kamera in meiner rechten Hand gehalten habe, löste ich mehrmals aus Versehen aus. Nachdem mir dies so richtig bewusst war, konnte ich solche Fehlauslösungen glücklicherweise nahezu eliminieren. Der Aufwand, den Belichtungsmesser zum Funktionieren zu bringen, ist meiner Meinung nach deutlich zu hoch. Die Lichtmessung mit App und Smartphone behindert mich nicht gross, da die Blendenwerte eh am Objektiv von Hand eingestellt werden müssen. Schade, dass das Sucherbild durch die integrierte Belichtungsmessung etwas gedimmt wirkt. Wer also die Wahl hat, weicht vermutlich besser auf eine PEN F oder PEN FV aus, die technisch ebenbürtig sind.
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