Edixa-MAT Reflex Mod. D-L: Eine Kamera mit Charakter

Bei der Edixa-MAT Reflex Mod. D-L handelt es sich um eine Spiegelreflexkamera (SLR), die in den 1960er Jahren von der Firma Wirgin in Wiesbaden hergestellt wurde. In diesem Blogbeitrag werde ich die Edixa-MAT Reflex Mod. D-L genauer erkunden und alle wichtigen Aspekte dieser Kamera zusammenstellen. Die Edixa-MAT-Modelle haben im Gebrauchtkameramarkt nicht immer den besten Ruf. Meine Erfahrungen beim Restaurieren meines Exemplars habe ich bereits im Blogbeitrag «Von der Reinigung bis zur Belederung: Die Restauration meiner Edixa-MAT Reflex Mod. D-L» beschrieben.

Die Edixa-Mat Reflex Mod. D-L von unten mit demontierter Bodenplatte

Die Edixa Reflex Familie

Die Modelle der Edixa Reflex waren nach dem Zweiten Weltkrieg eigentlich die einzigen in Westdeutschland gefertigten einäugigen Spiegelreflexkameras. Umso erstaunlicher ist es für mich, dass sehr wenige Informationen im Web auffindbar sind. So basieren die allgemeinen Informationen auf wenigen Quellen. Das machte die Recherche nicht ganz einfach. Im Jahr 1954 startete die Firma Wirgin mit dem ersten Modell der Reflex-Reihe. Es sollten noch viele Varianten folgen, die sich teilweise nur in kleinen Modifizierungen unterschieden. Vom Formfaktor her sahen sie alle gleich aus und bauten auf dem gleichen Gehäuse auf, das nur leicht modifiziert wurde. Einen soliden Überblick über alle Edixa-Modelle gibt Horst Neuhaus auf seiner Homepage PHOTObutMORE. Er hat eine Tabelle mit den verschiedenen Modellen zusammengestellt, die zwischen 1953 und 1976 auf den Markt kamen. Darin werden die Produktionszeit und die wichtigsten sich ändernden Details aufgeführt.

Den eigentlichen Start bildete die «Komet», die als westdeutsche Antwort auf die SLR-Kameras Exakta und Praktika aus Dresden entwickelt wurde. Da der Name damals schon für ein Produkt der Firma Fichtl & Sachs stand, musste Wirgin nach einer neuen Bezeichnung suchen. Dies führte schliesslich zum Namen Edixa Reflex. Wie kann nun meine hier vorgestellte Edixa-MAT Reflex Mod. D-L in die gesamte Produktpalette eingeordnet werden? Zuerst wurden die Grundmodelle A, B, C und D entwickelt. Auf die Unterschiede in Bezug auf die technischen Merkmale möchte ich hier nicht näher eingehen. Interessierte finden auf der archivierten Seite «Wirgin Edixa SLR» eine Übersicht. Noch klarer ist der Vergleich in der bereits weiter oben verlinkten Tabelle von Horst Neuhaus oder auf seiner Seite «Edixa – tausendundeins Modelle…», auf der mehr Details zu den einzelnen Varianten aufgeführt sind. Damit die Produktlinie aber nicht zu klar war, folgten später die Modelle mit der Bezeichnung Edixa-MAT Reflex, wiederum mit verschiedenen Modellvarianten. MAT steht dabei für den sogenannten Rapidspiegel, der nach der Aufnahme sofort wieder zurückschwingt und so den Blick durch den Sucher wieder frei gibt.

Die Kamera Wirgin Komet von vorne aufgenommen

Bild: © Horst Neuhaus, www.photobutmore.de

Die Edixa-MAT Reflex Mod. D-L

Betrachten wir nun die Edixa-Mat Reflex Mod. D-L. Sie ist eines der späten Modelle der gesamten Edixa Reflex Serie. Wie bei allen anderen Modellvarianten handelt es sich um eine Spiegelreflexkamera für Kleinbildfilm. Mit ihr hält man eine massive Kamera mit einem Gewicht von 800 Gramm ohne Objektiv in der Hand. Eine Edixa-MAT Reflex D wurde bereits in den Jahren 1960 bis 1963 hergestellt. Es folgte von 1963 bis 1965 die Variante D-L. Dabei steht L für die neu verwendeten linearen Verschlusszeiten.

Belichtungszeiten Modell D: 1/25, 1/50, 1/100, 1/125, 1/250, 1/500, 1/1000
Belichtungszeiten Modell D-L: 1/30, 1/60, 1/100, 1/125, 1/250, 1/500, 1/1000

Allen, die das erste Mal mit der Edixa-MAT Reflex Mod. D-L fotografieren möchten, wird sich nicht sofort erschliessen, wie alle möglichen Verschlusszeiten gebildet werden. Am besten schauen Ungeübte zuerst einmal in die Bedienungsanleitung, die es für das Modell D bei cameramanuals.org gibt.

Die Edixa-MAT Reflex Model D-L nach abgeschlossener Restauration

Verschluss und Verschlusszeiten

Die Edixa-MAT Reflex Mod. D-L verfügt wie alle anderen Modelle über einen horizontal verlaufenden Tuchschlitzverschluss, der direkt vor der Filmebene liegt. Die verfügbaren Verschlusszeiten reichen bei diesem späten Modell der Reflex-Serie von 9 Sekunden bis zu 1/1000 Sekunde. Auf der Kameraoberseite sind zwei Drehknöpfe zur Festlegung der gewünschten Verschlusszeit zu erkennen. Allen, die die Edixa-Mat Reflex Model D-L noch nicht kennen, werden die Einstellmöglichkeiten Rätsel aufgeben. Das Zeitenrad rechts neben dem Sucher wirkt auf den ersten Blick wohl eher vertraut. Schnell ist klar, dass hier die Verschlusszeiten von 1/30 Sekunde bis 1/1000 Sekunde eingestellt werden. Zusätzlich ist noch die Einstellung B für Langzeitbelichtungen zu erkennen.

So weit, so klar. Doch für die weiteren möglichen Verschlusszeiten braucht es Insiderwissen, denn Richtung Kamerafront ragt ein drehbarer Hebel mit einer kleinen Aussparung unter dem Verschlusszeitenrad hervor. Damit werden die Verschlusszeiten von 1/8 Sekunde bis zu einer ganzen Sekunde gebildet. Dazu wird am Verschlusszeitenknopf zuerst einmal 1/30 Sekunde eingestellt. Danach wird der Hebel auf die gewünschte Zeit zwischen 1/8 und 1 Sekunde gedreht. Steht der Drehhebel auf Null, gilt die Dreissigstelsekunde.

Nun besteht noch die Möglichkeit, Verschlusszeiten bis 9 Sekunden einzustellen. Ohne Vorkenntnisse eine weitere Herausforderung, die bei Einhaltung der folgenden Schritte zu meistern ist. Zuerst wird die Einstellung B auf dem Verschlusszeitenrad gewählt. Anschliessend wird der Drehhebel unter diesem Drehknopf auf die farbig markierte 8 gedreht. Die weiteren Schritte werden auf der linken Kameraoberseite vollzogen. Der kleine Hebel links neben dem Sucher wird auf die Position L geschoben. Zuletzt kann die Drehscheibe unter dem Rückspulknopf auf die gewünschte Belichtungszeit zwischen 2 und 9 Sekunden gedreht werden.

Einstellen der langen Verschlusszeiten von 2 bis 9 Sekunden

Film einlegen, transportieren und entnehmen

Nachdem nun geklärt ist, wie alle möglichen Verschlusszeiten gebildet werden, steht dem Belichten des ersten Films nichts mehr im Wege. Die Rückwand der Kamera wird durch das Hochziehen der Verriegelung auf der rechten Seite geöffnet. Der Rückspulknopf wird nach oben gezogen und die Filmpatrone eingelegt.
Wer möchte, kann bei diesem Schritt gleich die Filmmerkscheibe, die in den Rückspulknopf integriert ist, einstellen. Dies ist ein Aspekt, der bei der Edixa-Mat Reflex Mod. D-L technisch nicht optimal umgesetzt wurde. Bei hochgezogenem Rückspulknopf muss mit einem Finger der in einer Vertiefung angebrachte Anschlag ertastet werden und dann die Merkscheibe auf die gewünschte Position gedreht werden. Dies erweist sich als zu umständlich und wenig intuitiv. Bei meiner Kamera war die Filmmerkscheibe zudem total verharzt. Erst nach einer Reinigung des Mechanismus und dem Aufbringen eines winzigen Tröpfchens Öl liess sich die Einstellung überhaupt ändern.

Filmmerkscheibe verstellen

Zuerst wird die Patrone mit dem Stift des Rückspulknopfes im linken Teil der Filmkammer verankert. Dann wird der Filmstreifen in der rechten Aufnahmespule eingefädelt und mit etwa eineinhalb Umdrehungen der Aufnahmespule von Hand etwas weiter transportiert. Er sollte jetzt fest in der Spule sitzen. Bevor die Rückwand wieder geschlossen wird, muss kontrolliert werden, ob die Filmperforation auch sauber in den beiden Zahnkränzen der Transportrolle läuft. Bei geschlossener Rückwand wird anschliessend der Schnellspannhebel in einem Schwung bis zum Anschlag nach rechts gezogen und danach der Auslöseknopf auf der Kameravorderseite gedrückt. Danach folgt nochmals eine Spannbewegung. Dreht der Rückspulknopf dabei mit, kann man sicher sein, dass der Film korrekt in der Aufnahmespule befestigt wurde.

Korrekt eingelegter Film.

Das Bildzählwerk, das in den Schnellspannhebel integriert ist, stellt sich beim Öffnen der Kamerarückwand nicht automatisch zurück und wird jetzt durch Drehen der Scheibe in Pfeilrichtung auf Position 1 gedreht. Damit ist die Kamera für die erste Aufnahme bereit. Falls diese nicht sofort erfolgt, kann der Auslöser mit dem gleich daneben liegenden Sicherungshebel blockiert werden. Ist der Film vollständig belichtet, wird er wie gewohnt von der Aufnahmespule in die Filmpatrone zurückgespult. Dazu wird der Knopf auf dem Kameraboden gedrückt und dabei der Rückspulknopf in Pfeilrichtung gedreht, bis ein leises Knacken zu hören ist und der Widerstand beim Drehen aufhört.

Die Zählscheibe wurde auf 1 gesetzt.

Die Edia-Mat Reflex – eine Systemkamera

Die gesamte Modellreihe der Edixa Spiegelreflexkameras macht einen recht soliden Eindruck. In der damaligen Zeit boten diese Kameras dem anspruchsvollen Amateurfotografen vielfältige Möglichkeiten. Ich selbst schätze diesbezüglich das Suchersystem, das die Firma Wirgin für die Edixa Reflex Modelle vorsah. Für das Fotografieren auf Augenhöhe ist der Prismensucher gedacht. Soll aus der Froschperspektive oder hoch über dem Kopf beispielsweise über ein Hindernis hinweg fotografiert werden, leistet der Schachtsucher mit eingebauter Lupe gute Dienste. Für den Wechsel zwischen diesen beiden Suchertypen werden die beiden flachen Knöpfe neben dem Sucher auf der Kamerarückseite leicht auseinander gedrückt. Schon löst sich der eingesetzte Sucher und springt leicht hoch. So kann er durch einen anderen Sucher ausgetauscht werden.

Die Edixa-Mat Reflex Mod. D-L ist für Objektive mit M42-Gewinde ausgelegt. Dies erschliesst eine riesige Vielfalt an Objektiven unterschiedlichster Hersteller. Doch auch die Firma Wirgin bot eine breite Palette eigener Objektive an. Einen kleinen Einblick gibt der Prospekt der Firma Wirgin, den Dan Hummel auf seiner Homepage im Bereich Edixa-Fix veröffentlicht hat. Das M42-Gewinde sorgt dafür, dass die Objektive sicher und fest sitzen. Dabei muss in Kauf genommen werden, dass der Objektivwechsel etwas länger dauert.

Der Prismensucher von hinten mit den beiden Knöpfen zum Entriegeln.

Mein Fazit

Die Edixa-Mat Reflex Mod. D-L ist eine robuste Spiegelreflexkamera aus den 1960er-Jahren. Beim Kauf sollte man eine solche Kamera am besten selbst in die Hand nehmen können oder auf einen vertrauenswürdigen Händler zurückgreifen, da es oft Probleme mit den Verschlusszeiten oder dem Tuchschlitzverschluss gibt. Ist die Technik in Ordnung, bereitet das Fotografieren mit der Edixa-Mat Reflex Mod. D-L Freude, auch wenn man einen Kamerabody von 800 Gramm tragen muss. Die Einstellung der Verschlusszeiten ist zugegebenermassen recht kompliziert. In den meisten Fällen werden jedoch die Haupteinstellungen auf dem Verschlusszeitenrad, die von 1/30 Sekunde bis zu 1/500 Sekunde reichen und den Bulb-Modus für Langzeitbelichtungen beinhalten, im Alltag ausreichend sein.

Der Autor hält die Edixa-Mat Reflex Mod- D-L in der Hand.
Diesen Beitrag teilen…